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Market Gardener Jean-Martin Fortier über Gemüsebau auf kleiner Fläche

Ich freue mich sehr, meinen neuesten Interviewgast vorzustellen: Jean-Martin Fortier, den Market Gardener. Wenn du dich mit dem Thema Gemüsebau auseinandersetzt, kennst du ihn vermutlich. An ihm führt mittlerweile ja kaum noch ein Weg vorbei. :)

Falls du ihn nicht kennst: Jean-Martin Fortier hat einen Hof in Kanada, der nicht einmal einen Hektar groß ist. Dort baut er sehr erfolgreich Bio-Gemüse an und hat spannende Methoden entwickelt, um auf kleinster Fläche ohne Traktor eine große Ernte einzufahren. Sein Buch „The Market Gardener“ wurde auf Anhieb zum Bestseller und ist seit Anfang des Jahres auch auf Deutsch erhältlich: Bio-Gemüse erfolgreich direktvermarkten.

Es war sehr inspirierend, ihn zu treffen, und er hat sich viel Zeit genommen, die tollen Fragen zu beantworten, die ihr mir zugeschickt habt. Ich wünsche euch viel Spaß beim Interview!

Marie: Hey JM! Vielleicht magst du dich nochmal selbst vorstellen?

Jean-Martin: Klar! Meine Frau und ich betreiben seit 2004 eine kleine Farm bzw. einen „Market Garden“. Wir benutzen in unserem Garten nur Handgeräte und keinen Traktor. Wir verkaufen das Gemüse, das wir anbauen, zweimal pro Woche auf Wochenmärkten und in einer CSA (= solidarische Landwirtschaft) an hundert Familien. Diese Familien bezahlen das Gemüse also, bevor sie es bekommen, was uns viel Sicherheit gibt. So haben wir uns unser Business aufgebaut, von dem wir gut leben können. Wir haben uns ein Haus gebaut und sind viel auf Reisen. Im Winter machen wir eine dreimonatige Farm-Pause und arbeiten im Sommer Vollzeit auf unserem Hof.

Marie: Was ihr macht ist wirklich beeindruckend! Ich kann jedem nur empfehlen, sich mal genauer anzuschauen, was ihr euch da aufgebaut habt. Die erste Frage kommt von Inga. Sie möchte wissen, ob ihr einen Plan B hattet, als ihr angefangen habt, Gemüse anzubauen, oder ob ihr damals alles auf eine Karte gesetzt habt?

Jean-Martin: Ich mag ihre Frage! Ich habe niemals einen Plan B. Ich habe Erfolg in dem, was ich tue, weil ich niemals Zweifel an dem habe, was ich tue. Für mich geht es immer nur vorwärts und ich möchte jeden ermutigen, das genauso zu tun.

Wenn du Star Wars schaust, weißt du, dass Yoda sagt: „Tu es oder tu es nicht.“

Marie: Stimmt! Wenn es kein Zurück gibt, dann muss man dafür sorgen, dass diese eine Sache funktioniert. Und das wird sie dann in aller Regel auch.

Jean-Martin: Ganz genau. Selbstzweifel, Marie, sind ein schlimmes Gift!

Marie: Seh ich genauso. Die nächste Frage kommt von Jutta. Sie schreibt, dass sie sehr beeindruckt davon ist, wie produktiv eure Farm ist. Sie fragt: „Warum glaubst du, dass kleinbäuerliche Betriebe besser funktionieren als große Höfe?“

Jean-Martin: Ich sehe da zwei große Gründe. Erstens verkauft ein kleiner Hof wie meiner direkt an seine Kunden. Es baut also eine direkte Beziehung auf. Ich baue eine Beziehung zu dir auf und ich bin dein Farmer. Und du bist eine der Familien, die ich ernähre, und ich sorge für dich. So eine Beziehung aufzubauen, ist sehr schwer, wenn man einen großen Hof hat.Du hast dann einfach nicht die gleiche Verbindung zu den Leuten.

Außerdem gibt es bei uns keinen Mittelmann. Ich verkaufe mein Gemüse direkt und ich kriege den Cash. Es verdient niemand mit; wir bekommen 100% von dem was wir erwirtschaften. Deswegen brauchen wir gar keine große Farm. Wir haben 200 bis 250 Kunden und wir haben keine hohen Kosten. Wir haben nicht viel Land, wir haben keine großen Kühlhäuser, wir haben nicht viele Angestellte, wir halten alles sehr klein und vor allem sehr schlank. Schlank ist ein gutes Wort, um zu beschreiben, was wir tun.

tolles Interview mit Market Gardener Jean-Martin Fortier: JM Fortier, auch bekannt als "Market Gardener", baut auf weniger als einem Hektar Gemüse für mehr als 200 Familien an. Ganz ohne Traktor. Ich durfte ihm Fragen stellen und herausgekommen ist ein tolles Interview darüber, wie man Gemüse auf kleiner Fläche oder im eigenen Garten anbauen kann. #Gemüsegarten #marketgarden #gemüseanbauen #selbstversorger #selbstversorgung

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Marie: Da es auf meinem Blog hauptsächlich um Selbstversorgung geht, möchte Lea wissen, inwiefern du deine Methoden ändern würdest, wenn du nur für dich und deine Familie anbauen würdest?

Jean-Martin: Oh, das wäre sehr anders… Wobei, weißt du was, ich mag das! Selbstversorgung ist der Grund, warum wir mit unserer Farm angefangen haben. Wir wollten auf unserem Hof sein, wir haben unser Haus gebaut, die Teiche gegraben, ich schlage mein Holz im Wald… Wir führen also quasi einen „Selbstversorger-Lifestyle“ und verdienen unser Geld mit dem Garten. Ich glaube also, dass nichts anders machen würde. Ich bin sehr zufrieden damit, wo wir jetzt sind.

Marie: Würdest du nicht sagen, dass man weniger Geräte braucht, wenn man nur einen kleinen Garten bewirtschaftet?

Jean-Martin: Ja, allerdings muss man ja irgendwie Geld verdienen. Das Gärtnern ist einfach unser Ding. Ich würde also wahrscheinlich den ganzen Tag gärtnern und meinen Garten immer weiter vergrößern, sodass man den Überschuss verkaufen kann. Und dann: Market Gardener again.

Marie: Markus hat mir geschrieben, dass er in seinem Garten große Erfolge mit Mischkultur erzielt. (Und wir auch, das ist wirklich eine spannende Frage.) Deswegen möchte er wissen, welche Gründe ihr habt, auf eurem Hof keine Mischkultur zu betreiben?

Jean-Martin: Der Grund, warum wir kaum Mischkultur machen, ist, dass wir jede Woche neues Gemüse aussäen. Wir müssen die Übergänge von einer Gemüseart zur nächsten sehr gut managen. Wo Rettich gestanden hat, wächst als nächstes Salat, dann kommen Rüben, dann Spinat… Wir müssen die Beete also sehr schnell wieder freimachen. Bei zwei Gemüsearten in einem Beet wäre es für uns deswegen sehr schwierig, einen guten Anbauplan zu erstellen.

Marie: Die nächste Frage ist von Josy: „Hinterfragst du manchmal den Einsatz von Plastik auf deiner Farm?!?!“ (Jean-Martin benutzt viele Kulturschutznetze gegen Schädlinge und Folien, um Unkraut zu unterdrücken.)

Jean-Martin: Nein. Ich finde, dass Plastik wundervoll ist, wenn man es aus guten Gründen einsetzt. Und gesundes Essen anzubauen und natürliche Lebensräume auf deinem Hof zu schaffen, ist in meinen Augen ein sehr guter Grund. Ich halte Plastik wirklich für ein sehr gutes Werkzeug. Wir dürfen außerdem nicht vergessen, dass sich die Dinge schnell ändern. Deswegen setze ich auf Sachen, die modular sind und die recycelt werden können. Wir werfen kaum Plastik weg, wir verwenden es immer wieder, für viele verschiedene Dinge. Deswegen finde ich es absolut okay, Plastik zu verwenden.

Marie: Okay! Erika hat eine Frage zu dem Online-Kurs, den du ab Dezember verkaufen wirst. Sie fragt: „Wie detailliert wird dieser Online-Kurs sein und wird er vom Inhalt her ähnlich sein wie das Buch?“

Jean-Martin: Der Kurs ist sehr anders. Ich mag ihre Frage! Ich würde ihr sagen, dass sie den Trailer zum Kurs anschauen soll und wenn sie mir sagen könnte, was sie darüber denkt, würde ich mich sehr freuen. Also: Im Buch habe ich beschrieben, wie man eine Farm designet und startet. Im Online-Kurs möchte ich die Methoden aufzeigen, wie man die einzelnen Gemüsearten vom Samen bis zur Ernte anbaut, in Video- und Textformat. Mein Ziel ist es, Methoden zu vermitteln, die sehr effektiv sind. Gleichzeitig wirst du eine „Peer Group“von Leuten haben, die dieselben Videos anschauen. So kannst du dich austauschen und mit Leuten aus der ganzen Welt über das diskutieren, was du gelernt hast. Das Ziel ist es, deine Produktion immer effizienter zu gestalten, mit kleinen Tricks und Techniken. Der Kurs ist sehr detailliert, ich zeige jeden einzelnen Schritt in diesen Videos.

Marie: Das klingt verlockend… :) Jenny möchte wissen, ob es dein Familienleben beeinträchtigt, dass du jetzt auf der größeren Farm arbeitest. Siehst du deine Familie jeden Tag und wie ist es, nicht mehr auf deinem eigenen Hof zu arbeiten?

Jean-Martin: Das ist eine sehr liebe Frage! Ich verlasse meine Farm jeden Morgen und komme abends wieder. Dann bin ich bei meinen Kindern und wir spielen Fußball. Später habe ich dann Zeit für meine Frau. Es hat meine Familie beeinträchtigt, aber ich würde es nicht als negativ bezeichnen. Maude-Hélène kann die Farm jetzt alleine betreiben…

Marie: …was ziemlich beeindruckend ist!

Jean-Martin: Ja! Sie hat wirklich viel gelernt und macht das gerne. Und ich selbst wachse an dem neuen Projekt, an meiner neuen Farm. Wir nehmen uns an den Wochenenden viel Zeit für die Familie. Mein einer Junge ist jetzt dreizehn, er hängt jetzt viel mit seinen Freunden ab und mit Mädchen… Da bin ich gar nicht mehr so gefragt.

Marie: Robert möchte wissen, ob es Fehler gibt, die du bei Menschen, die einen Market Garden nach deinen Prinzipien anlegen, häufiger siehst?

Jean-Martin: Ja! Viele! Zu viele! Manchmal verstehen die Leute nicht, was ich sage. Ich bringe Menschen bei, Gemüse auf weniger als einem Hektar und ohne Traktor anzubauen. Und keinen Mist zu verwenden, sondern Kompost. Oft kommen Leute zu mir, die sagen: Ja, aber ich habe vier Hektar und einen Traktor und ich habe diesen Haufen alten Pferdemist. Dann kultivieren sie ihre ganzen Felder und bringen den Pferdemist aus, überall wächst Unkraut, und dann verlieren sie die Kontrolle. Der Traktor und die Fläche sind also die beiden größten Fallstricke, die ich sehe.

Wenn du anfängst, dann sehr klein. Wenn man das unter Kontrolle hat, kann man größer werden. Kein Traktor – Handgeräte. Die gehen nicht kaputt, man kann sich auf sie verlassen und sie kosten nicht viel. Und dann vergrößerst du deinen Garten im selben Maße wie dein Business wächst. Du hast jedes Jahr neue Kunden. Du fängst mit 50 Familien an, dann belieferst du 70 Familien, 150 und dann 200 Familien. Und das wächst im selben Maßstab wie dein Garten wächst.

Marie: Dankeschön, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast! Gibt es noch etwas, das du loswerden willst?

Jean-Martin: Ich möchte noch sagen, dass ich nächstes Jahr wieder in Deutschland sein werde. Ich weiß nicht wo oder wann, aber auf meiner Website wird man sehen, in welchen Städten ich Vorträge halte. Dann können wir alle in Verbindung bleiben.

Marie: Cool! Ich freu mich schon! Danke, Jean-Martin!

Jean-Martin: Es war mir ein Vergnügen!

Wichtig: Der Link zu JMs Buch am Anfang des Blogposts ist ein Partnerlink zu buch7, einer Alternative zu Online-Giganten wie Amazon. Wenn du über diesen Link einkaufst, wird ein Teil des Kaufpreises an soziale, ökologische und kulturelle Projekte gespendet. Natürlich zahlst du dafür keinen Cent extra. Aber falls du das Buch ohnehin kaufen wolltest: Warum nicht da? :)

Dieser Artikel enthält Werbung für den Wurzelwerk-Onlineshop

Kategorie: Garten, Gemüsegarten, Interviews

von

Hi, ich bin Marie. Leidenschaftliche Gärtnerin, Mutter eines sechsjährigen Sohnes und auf dem Weg in ein einfaches und natürliches Leben. Auf meinem Blog dreht sich alles um das Thema Selbstversorgung: vom Gemüsegarten über Tierhaltung oder das Haltbarmachen der eigenen Ernte. Viel Spaß beim Stöbern!

16 Kommentare

  1. Anna sagt

    Hallo Marie,

    vielen Dank für deine ganzen tollen Beiträge! Ich habe mich die letzten Jahre im Balkongärtnern versucht was durch einige Umzüge leider oftmals schwer war. Letztes Jahr habe ich dann eine kleine Parzelle bei einer Feldgemeinschaft bekommen und mal aufs Geratewohl drauf losgegärtnert… es war eine Katastrophe! Nur die Kartoffeln waren super und wir hatten haufenweise Salat. Dieses Jahr ist alles besser vorbereitet und ich freue mich schon darauf deine vielen Tipps auszuprobieren. Es wird wohl noch spannend ob ich die vielen Pflanzen auf der kleinen Fläche wie geplant Platz habe. :D Ich möchte dieses Jahr übrigens auch noch eine Wurmbox ( https://wurmkiste.at/produkt/beetbox-wurmkompostierung-im-beet/ ) in mein Feld integrieren und bin schon gespannt wie das so klappt!

    Schöne Grüße
    Anna

  2. Hallo Marie!
    Ich liebe es, dass Verlinkungen zu Büchern bei dir zu buch7 und nicht zu amazon verweisen <3

    Mich würde eine Rezension zu dem Buch auch sehr interessieren :-)

    Liebe Grüße!

    • Marie sagt

      Danke, das freut mich! :) Ich habe ein paar Amazon-Links auf meinem Blog, um die Kosten zu decken, aber das stinkt mir eigentlich auch und ich bin dabei, auf andere Seiten umzustellen.

      Die Rezension kommt auf jeden Fall. :)

      Liebe Grüße zurück!

      • Ich finde es gar nicht schlimm, wenn Ihr mit den Blogs Geld verdient, denn für gute Texte kann man ruhig etwas „ernten“. Aber ich möchte dabei nicht amazon unterstützen. Es gibt sowas doch auch sicher mit anderen Anbietern?

        Liebe Grüße!

        • Marie sagt

          Das sehe ich genauso. Beim Amazon-Partnerprogramm mitzumachen, ist erstmal super einfach und „bequem“, aber es gibt auch viele andere Affiliate-Netzwerke. Ich finde es super gut, dass du das ansprichst. Ich war bisher ein bisschen zu faul, die ganzen Links umzuändern, auch wenn ich Amazon wahrscheinlich genauso blöd finde wie du. Aber jetzt bin ich das mal angegangen und werde auch die restlichen Links ändern, sobald ich etwas Besseres gefunden habe.

  3. Wow, vielen Dank für das inspirierende Interview und das Aufnehmen der Frage! :D Das gibt uns, die wir uns noch in der Visionsphase unseres Garten- und Hofprojekts befinden, einen riesigen Motivationsschub – vor allem meinem Mann, dem notorischen Zweifler … ;) Danke und alles Liebe!!

    • Marie sagt

      Danke dir für die tolle Frage! Woher kommt mir das nur bekannt vor? ;)
      Alles Gute und viel Erfolg!

  4. Eri Ka sagt

    Hallo Marie und natürlich Jean-Martin :-)
    Was für schöne Fragen! Danke, dass meine es ins Interview geschafft hat. :-)
    der Trailer sieht gut aus! wird aber bestimmt teuer sein
    LG Erika

    • Die Materclass wird sicherlich teuer sein, da er zwei Jahre daran gearbeitet hat. Ich überlege, ob ich mir so etwas mal leisten soll. Das Buch fand ich klasse und mittlerweile verkaufen wir auch auf einem Wochenmarkt. Auch wenn wir wohl in die Kategorie derjenigen fallen, die alles falsch machen (Pferdemist). ;-)

      Alles in allem ein schönes Interview!
      LG Anja

  5. Hey!
    Cooles Interview! Hammer dass du ihn getroffen hast- das würde ich auch mal gerne. Ich liebe JM aber ich wusste nicht dass es sein Buch jetzt auch auf Deutsch gibt. Vielleicht kannst du mal eine Rezension dazu schreiben.
    Phil

  6. Liebe Marie,
    vielen Dank für das tolle Interview! Da bekomme ich gleich Lust, endlich mal sein Buch zu lesen – gerade da ich im kommenden Jahr mal Netze ausprobieren wollte (besonders nachdem gerade alle restlichen Radieschen von Maden aufgefuttert wurden…).
    Eine guten Start in die neue Woche und liebe Grüße, Caro

    • Marie sagt

      Hey Caro,

      mach das, das Buch ist wirklich gut. Am besten finde ich den Teil, wo er beschreibt, wie man die ganze Saison über laufend frisches Gemüse erntet. Da konnte ich glaube ich am meisten mitnehmen. :)

      Dir auch eine schöne Woche!
      Marie

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