Einkochen, Haltbarmachen
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Botulismus vermeiden: So geht sicher einkochen!

Hand aufs Herz – beim Thema Botulismus wird mir ein bisschen mulmig zumute. Das liegt vor allem daran, dass immer noch viel zu wenig über die Gefahr beim Einkochen bekannt ist. Aber das wollen wir jetzt ändern! 

Ihr habt mir in den letzten Monaten viele Fragen zu dem Thema geschickt. Teilweise war ich da ehrlich gesagt selbst überfragt! Deshalb habe ich mir heute einen Experten ins Boot geholt, dem ich eure kniffeligsten Fragen stellen konnte.

Was er mir zum Thema Botulismus erzählt hat und was es beim Einkochen alles zu beachten gibt, erfährst du in diesem Artikel.

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Botulismus – selten, aber ernst

Du hast noch nie von Botulismus gehört? Da bist du nicht allein. Denn in Deutschland wird leider kaum darüber geredet. In vielen anderen Ländern wissen die Menschen da viel besser Bescheid und gehen ganz selbstverständlich mit dem Thema um.

Fangen wir aber mal ganz vorne an: Was ist Botulismus überhaupt?

Botulismus ist eine seltene, aber tödliche Vergiftung, die durch Bakterien ausgelöst wird. Clostridium botulinum heißen diese Bakterien. Sie kommen ganz natürlich quasi überall vor: Auf deinem Gemüse, auf unseren Händen, in der Erde – die Botulinum-Bakterien sind ziemlich allgegenwärtig.

Die Bakterien selbst sind aber erstmal ganz harmlos. Gefährlich werden erst die Toxine, welche die Bakterien unter ganz bestimmten Bedingungen bilden. Das passiert, wenn die Umgebung der Bakterien anaerob ist und einen hohen pH-Wert hat. Also unter Luftabschluss in einem nicht besonders sauren Milieu. Erst dann fangen die Bakterien an, Toxine zu bilden. Und die wiederum sind dann richtig gefährlich, wenn wir sie versehentlich zu uns nehmen.

Und genau da ist der Haken: Wenn wir Gemüse haltbar machen, kreieren wir ganz häufig genau die Bedingungen, unter denen die Bakterien Toxine bilden können. Denn Haltbarmachen passiert ja ganz oft durch Luftabschluss. Und dadurch befördern wir so unwissentlich Botulinum-Bakterien in eine Umgebung, in der sie anfangen, Toxine zu bilden – und zwar ausgerechnet in unseren Einkochgläsern*!

Psst: Falls du lieber Videos schaust, ist hier die YouTube-Version:

Moment mal…sterben die BotuslismusBakterien beim Einkochen denn nicht ab?

Schön wär’s! Aber ganz so einfach ist die Sache leider nicht. Clostridium botulinum gehört leider zu den Bakterien, die sich von Temperaturen rund um den Siedepunkt nicht beeindrucken lassen.

Botulismus Bakterium

Genauer gesagt bilden sie hitzebeständige Sporen. Diese Sporen überleben das Einkochen und haben dann in der Vorratskammer alle Zeit der Welt, um wieder auszukeimen und Bakterien zu bilden, die dann Toxine produzieren.
 
Hut ab vor den kleinen Kerlchen, die haben ganz schön was drauf! Für uns ist das aber schon mehr als ärgerlich: Wir kochen ein, räumen weg, holen die Einkochgläser Monate später wieder hervor und dann sind sie in der Zwischenzeit toxisch geworden.

Und wir bemerken davon gar nichts! Denn das Botulinumtoxin ist geschmacks- und geruchslos. Oft bilden sich bei dem Vorgang noch nicht mal Gase. Die Gläser gehen also auch nicht von allein auf oder haben gewölbte Deckel, an denen wir die Lunte riechen könnten. Nein, wir haben keinen blassen Schimmer was vor sich geht, und genau das ist so gefährlich.

Botulismus-Fragestunde mit einem Experten

Was also tun? Da Botulismus wirklich schlimme Folgen haben kann, habe ich einen Experten eingeladen um all die kniffligen Fragen, die ihr auf dem Herzen hattet, jemandem zu stellen, der wirklich Ahnung hat. Ich hatte Glück und konnte Andreas für ein Gespräch gewinnen. Andreas ist Mikrobiologe und Lebensmittelkontrolleur, und kennt sich bestens mit dem Thema aus.

Achtung: Andreas schildert in dem Gespräch sehr ausführlich, wie eine Botulismusvergiftung abläuft. Wenn du das lieber nicht lesen willst, dann überspringe einfach die erste Antwort von Andreas.

Interview mit Lebensmittelexperten Andreas

Marie:  Hallo Andreas, schön dass du da bist. Ich habe mich schon viel mit Botulismus beschäftigt und weiß, dass die Vergiftung tödlich enden kann. Viel mehr weiß ich dazu aber nicht. Magst du mal erzählen, wie so eine Botulismus-Vergiftung abläuft?

Andreas: Ja, gerne. Botulismus ist leider ziemlich hinterhältig. Es fängt damit an, dass man ein Lebensmittel isst, das verdorben ist. Vielleicht werden die Finger dann ein bisschen taub oder man sieht schlechter, aber vor allem wird man erstmal tierisch müde. Das passiert, weil das Botulinumtoxin ein Neurotoxin ist, das auf das Nervensystem wirkt und langsam anfängt, es zu lähmen. Dadurch entsteht dieses Gefühl der Erschöpfung oder Müdigkeit.

Die meisten Betroffenen legen sich dann meist für eine Weile hin, um sich auszuruhen und schlafen dabei ein. Beim Aufwachen ist die Lähmung dann meist schon so weit fortgeschritten, dass sich Arme und Beine nicht mehr bewegen lassen. Die Lähmung setzt sich dann immer weiter fort, bis sie schließlich die atemnotwendigen Muskeln und das Herz betrifft.

Marie: Ab welcher Menge geschieht diese Reaktion denn? Stimmt es, dass ein Löffel mit verdorbenem Einkochgut theoretisch schon reicht, um eine Vergiftung hervorzurufen?

Andreas: Das stimmt leider. Das Botulinumtoxin ist das stärkste natürliche Nervengift der Welt. Wenn sich da in einer Konserve bereits Toxine gebildet haben, ist da tatsächlich schon ein Löffel lebensbedrohlich. Deshalb kann es leider schon schlimme Folgen haben, wenn man einfach mal probiert, ob das Eingekochte noch gut ist.

Marie: Okay, das ist ja ganz und gar nicht ohne. Wie geht man denn jetzt am besten damit um, wenn man Einkochgläser zuhause hat, die man nicht sicher eingekocht hat? Meines Wissens gibt es für Konserven, bei denen man sich unsicher ist, ob sie noch gut sind, eine ganz einfache Lösung: Vor dem Verzehr für 10 Minuten sprudelnd aufkochen und Botulismus ist ausgeschlossen, stimmt das?

Andreas: Genau. Beim Aufkochen werden die Toxine denaturiert und dadurch unschädlich gemacht. Es sind nämlich nur die Sporen, welche die hohen Temperaturen überleben können, nicht aber das Gift selbst. 

Marie: Damit ist man dann also immer noch auf der sicheren Seite. Aber sooo schön ist die Vorstellung nicht, oder? Da bin ich eher ein Freund davon, es gleich richtig zu machen!

Gefahr gebannt – ganz sicher einkochen ohne Botulismus

Andreas hat mich richtig darin bestärkt, Botulismus zwar ernst zu nehmen, mich davon aber bloß nicht vom Einkochen abhalten zu lassen. Es ist nämlich gar nicht schwer, sicher einzukochen. Also so, dass die Gefahr von Botulismus gar nicht erst besteht. Und Einkochen macht schließlich super viel Spaß!

Jetzt aber mal eine gute Nachricht: Es gibt ganz viele Lebensmittel, die sowieso gar nicht von Botulismus betroffen sind, weil sie so viel Säure haben, dass die Bakterien dort nicht überleben. 

In sauren Lebensmitteln fühlen sich die Bakterien nämlich gar nicht wohl und können sich nicht vermehren. Obst (bis auf Bananen) kannst du daher absolut bedenkenlos in einem ganz normalen Kochtopf im Wasserbad einkochen. Juchuu! Bühne frei für Apfelmus und Zimtpflaumen! :)

Damit beim Einkochen im Wasserbad auch nichts schief geht, habe ich eine praktische Checkliste erstellt. Hier kannst du sie dir ganz fix runterladen:

Bei Gemüse und Fleisch musst du allerdings aufpassen, die kannst du leider nicht so unkompliziert im Wasserbad einkochen.

Nur Tomaten sind eine Ausnahme, weil sie mehr Säure enthalten als andere Gemüse. Weil das aber super sortenabhängig ist, gehst du auch da besser auf Nummer sicher. Ich gebe daher, wenn ich Tomatensauce einkoche, immer ein bisschen Zitronensaft dazu. Dadurch wird der pH-Wert abgesenkt und ich bin auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Das funktioniert auch bei vielen anderen Rezepten. Zum Beispiel kann man Bohnen, die von Natur aus ja so gar nicht sauer sind, mit Essig einkochen. Dadurch wird der pH-Wert gesenkt und den Botulinumbakterien wird es zu ungemütlich.

Du musst dir dabei aber wirklich sicher sein, dass der Inhalt deiner Einkochgläser auch sauer genug ist. Der pH-Wert muss unter 4,5 liegen, überall im Glas. Halte dich da also unbedingt an Rezepte, die sorgsam durchdacht sind und deren Quelle du absolut vertraust.

Säurearme Lebensmittel sicher einkochen

All jene Rezepte und Lebensmittel, die einen höheren pH-Wert haben (also nicht sonderlich sauer sind) musst du beim Einkochen stärker erhitzen, damit die hartnäckigen Sporen abgetötet werden. Je nach Rezept müssen dafür Temperaturen von 120°C entstehen. Das ist im Wasserbad in einem normalen Topf physikalisch leider unmöglich.

Deshalb koche ich alle Gemüse (bis auf Tomaten) nur im Druckeinkochtopf ein. Mithilfe des Drucks kann so ein Topf viel höhere Temperaturen aufbauen als ein normaler Kochtopf. Diese hohen Temperaturen überleben dann auch die Sporen nicht mehr und haben keine Chance, sich in meinen Gläsern breit zu machen.

Ich wurde ganz oft gefragt, ob man stattdessen nicht einfach im Backofen einkochen kann. Der wird ja schließlich auch richtig heiß. Leider funktioniert das aber nicht. Denn auch wenn du deinen Backofen auf 250°C stellst, kocht das Wasser in deinen Einkochgläsern bei 100°C und wird kein Grad heißer.

Es geht also nur mit Druck. Denn mit dem Druck verschiebt sich die Temperatur, bei der das Wasser anfängt zu kochen. Und dadurch kannst du insgesamt viel höhere Temperaturen erreichen.

Prinzipiell ist das in jedem Druckkochtopf möglich, also auch in Schnellkochtöpfen. Bei denen gibt es allerdings ein großes ABER. Denn es ist ganz wichtig, dass dein Topf zuverlässig Temperaturen über 116°C hält. So richtig sicher kannst du dir da eigentlich nur sein, wenn dein Topf eine Druckanzeige hat, auf die du dich verlassen kannst.

Botulismus - Druckkochtopf

Damit kannst du dann ganz sicher bei dir zu Hause säurearme Lebensmittel haltbar machen – ohne Botulismusgefahr. Juchuuuu!

Kleiner Tipp: Wenn du noch keinen Schnellkochtopf oder Druckeinkochtopf hast und dir einen kaufen willst, dann nimm ruhig ein etwas größeres Modell. So kannst du dann auch eine ordentliche Menge an Gläsern auf einmal einkochen.

Damit du dann im Gläsermeer in der Vorratskammer dann nicht den Überblick verlierst, gibt es hier wunderschöne Etiketten, mit denen du deine Vorräte beschriften kannst:

Botulismus-Fragerunde Teil 2

So einfach habe ich Andreas aber nicht davonkommen lassen. Auf meiner Liste standen schließlich noch ein paar Fragen, die ich ihm unbedingt stellen wollte. Weiter geht’s!

Marie: Wie lange muss ich denn im Druckkochtopf einkochen, damit alle Sporen auch sicher abgetötet sind?

Andreas: Das lässt sich leider nicht pauschal sagen. Denn da kommen mehrere Faktoren zusammen. Die benötigte Zeit hängt ganz von der Temperatur im Druckkochtopf, dem Volumen der Einkochgläser und der Konsistenz des Einkochgutes ab. Deshalb kommt es immer ganz individuell auf das jeweilige Rezept an.

Bei der Konsistenz gilt: Je höher der Wasseranteil, desto einfacher kann die Hitze ins Innere der Gläser vordringen. Und genau das ist ja notwendig, um alle Sporen zu erwischen. Bei zähflüssigeren Konsistenzen ist das manchmal schwierig. Die würde ich also eher nicht einkochen.

Marie: Ja, das habe ich auch schon gehört. Ich rate auch immer davon ab, dicke Suppen und Kartoffelpürree einzukochen.

Andreas: Dazu gibt es sogar eine Faustformel! Wenn man eine Suppe im Topf köcheln lassen kann, ohne dass sie anbrennt, dann ist sie flüssig genug, um sie sicher einzukochen. Denn dann ist der Wassergehalt so hoch, dass die Hitze sich gut verteilen kann.

Aber eigentlich reichen Faustformeln beim Einkochen nicht. Auch nicht, wenn man im Druckkochtopf einkocht. Es kommen einfach so viele Variablen zusammen: Salzgehalt, pH-Wert, Konsistenz, und dann ist jedes Gemüse ja auch nochmal ganz anders. Deshalb sollte man sich wirklich an sichere, von Profis entwickelte Rezepte halten.

Marie: Jetzt noch eine ganz andere Frage: Muss ich auch etwas beachten, wenn ich Gemüse in Öl einlege und so haltbar mache? Da besteht schließlich auch Luftabschluss. Gibt es da auch Botulismusgefahr?

Andreas: Ja, die gibt es. Es ist leider nicht sicher, in Öl einzulegen. Denn die Öltröpfchen ummanteln das Gemüse, sodass sich in den Tröpfchen Botulinumtoxine bilden können. Davon würde ich also abraten.

Marie: Okay, das ist richtig gut zu wissen. Danke für all dein Expertenwissen!

Botulismusfreie Alternativen zum Einlegen

Dass es nicht sicher ist, Gemüse in Öl einzulegen, ist natürlich schade. Aber es gibt ja noch mehr Möglichkeiten, dein Gemüse haltbar zu machen, die absolut sicher sind.
 
Zum einen kannst du es einfrieren. Das ist eine tolle Möglichkeit, Pesto haltbar zu machen! Eingefrorene Lebensmittel haben es schließlich schön luftig, und außerdem ist es den Bakterien in der Gefriertruhe auch viel zu kalt. Einfrieren ist also sicher, da besteht keine Botulismusgefahr.

Gemüse fermentieren

Eine weitere Möglichkeit ist das Fermentieren. Da bin ich ja sowieso ein Riesenfan von! Beim Fermentieren versuchen wir, einen Luftabschluss zu erzeugen, wenn wir das Gemüse so richtig einstampfen. Bei dieser Methode eilen uns aber andere Bakterien zu Hilfe. Die Milchsäurebakterien, die so typisch für Fermente sind, senken den pH-Wert nämlich ordentlich ab und den Botulismusbakterien wird es viiiel zu sauer.

Pssst: Dieses Rezept für fermentierte Tomaten kann ich nur empfehlen. Es ist superlecker!

Tomaten fermentieren-Rezept: Spritziger Sommer-Snack!

Schürze an, Gemüse geschnippelt und den Kochlöffel geschwungen!

Ich hoffe, deine dringendsten Fragen rund ums Thema Botulismus sind nun geklärt und du bist ausgerüstet mit allem nötigen Wissen, um dein Gemüse sicher einzukochen.

Ich möchte nämlich auf gar keinen Fall, dass du aus Sorge vor Botulismus damit aufhörst. Dafür macht Einkochen nämlich viel zu viel Spaß …und füllt deine Vorratskammer nebenher mit lauter Leckereien für die kalte Jahreszeit.

Also, besorg dir einen Druckkochtopf und sichere Rezepte und leg los!

Wenn du noch ein bisschen Inspiration brauchst dann schau doch mal hier:
 
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Bohnen einkochen – von der Bohnenschwemme zu köstlichen Vorräten!

Welches Gemüse oder Obst kochst du am liebsten ein?

*Dieser Artikel enthält Werbung für den Wurzelwerk-Onlineshop.

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